moldalure - shape your bait
ein Tackletest für angeln-und-urlaub.de
von Jürgen Stoll
Was ist moldalure?
moldalure stammt aus dem Bereich der amorphen Thermoplaste, vereinfacht gesagt ein Kunststoff, der formbar wird, wenn man ihn erhitzt. Der Name ist Programm: “Forme einen Köder”. Wobei moldalure lediglich ein Handelsname ist. Dahinter verbirgt sich die Firma Thermoworx und diese hat ihren Sitz in Großbritannien, dem heiligen Land des Angelns, aus dem so viele Neuerungen den Angelmarkt bereichert haben und bereichern. Der Standort wird mit Irvine angegeben und liegt direkt an der Küste, rund 30 Meilen südwestlich von Glasgow. Dass moldalure aus dem Hause Thermoworx stammt, findet man nur durch einen Blick in die Allgemeinen Geschäftbedingungen heraus.
Auf dem Beipackzettel steht vollmundig “The video on moldalure.com should help you understand how best to use the product”. Eine Suche auf der Homepage von moldalure lässt jedoch kein entsprechendes Video finden. Allerdings hat moldalure einen Youtubekanal - mit exakt einem Video: https://www.youtube.com/watch?v=7M8u9jzmMeo Dort wird das Produkt dann auch ansprechend präsentiert.
Preisgestaltung
Moldalure lässt sich lediglich in einer Losgröße bestellen, die mit 30 Gramm (1 oz) angegeben ist. Dies ist großzügig aufgerundet, hat eine Unze (oz) doch 28,3 Gramm. Aber schreiben wir dies einmal dem Marketing zu.
Vergleicht man moldalure mit whitemorph, dem günstigsten Produkt aus dem Hause Thermoworx, so stellt man fest, dass sich erhebliche Unterschiede in der Preisgestaltung auftun: 1 Kilo (35,2 oz) whitemorph, welches sich mit Pigmenten beliebig färben lässt, kostet bei Thermoworx 19,99 britische Pfund, also die Unze (oz) 0,57 britische Pfund. Umgerechnet in US-Dollar (1 GBP = 1,3046 USD am 15.02.2020) kostet also die Unze whitemorph 0,44 US-Dollar. Damit ist moldalure mit 9,99 US-Dollar pro Unze mehr als zwanzig Mal teurer als whitemorph!
Bestellvorgang
Weltweit kostenfreier Versand ist ein ziemlich starkes Angebot. Zusammen mit dem Versprechen, die Produkte bei Nichtgefallen binnen dreißig Tage wieder zurück zu nehmen. Allerdings gilt das nur für das ungenutzte Produkt. Also erst Basteln und dann zurückschicken fällt flach, es sei denn, man nimmt deutliche Abstriche in der Rückerstattung in Kauf.
Die Lieferzeit bei unseren Proben moldalure betrug ungefähr eine Woche. Whitemorph von Thermoworx kam nach 11 Tagen an.
Kontakt
Als Kontakt steht über die Homepage lediglich ein Kontaktformular zur Verfügung. E-Mail oder Telefonnummer sucht man vergebens.
Farben
moldalure kommt in sechs Farben (jeweils in 5 Gramm-Päckchen): Schwarz, Weiß, Gelb, Grün, Pink und Orange.
Bis auf Schwarz und Weiß sind alle Farben stark UV-aktiv.
Verarbeitung
Spannend wird es bei den amorphen Thermoplasten erst oberhalb der Glasübergangstemperatur, also der Temperatur, ab der aus dem festen Stoff eine gummiartige, formbare Masse wird. Leider wird bei moldalure keine Temperatur explizit angegeben, über die man es erhitzen muss. Auf der Verpackung steht lediglich “Add the pellets to boiled water…” Dass man nicht in kochendes Wasser fassen sollte, ist jedem klar. Aber ein entsprechender Sicherheitshinweis, dass das entsprechend erhitzte moldalure natürlich ebenfalls zu Verbrennungen der Haut führen kann, würde sich auf der Verpackung gut machen.
Thermoworx gibt für whitemorph eine Glasübergangstemperatur von 62°C an, also deutlich niedriger. Hier weiß der Anwender vorher, dass heißes Wasser ausreicht. Es muss also nicht kochen.
Test
Ein Test mit 5 Gramm (Packungsgröße) weißen moldalure vergleicht es mit 5 Gramm Whitemorph. Das Volumen ist annähernd gleich, ebenso wie die Korngröße von 4 Millimetern. Beide Werkstoffe sinken in Wasser. Das Leuchtverhalten unter UV-Licht scheint identisch zu sein. Ein sensorischer Vergleich (Aussehen, Geruch, Griffgefühl) ergibt keine Unterschiede.
Beide Granulate erreichen ihre Glasübergangstemperatur bei 62° Celsius. Sie lassen sich ohne wahrnehmbare Unterschiede formen, neu erhitzen und umformen.
Die Masse ist gut formbar, allerdings muss man das Zeitfenster während des Abkühlens gut abpassen, was jedoch nach einiger Übung problemlos möglich ist. Ein gezieltes, punktuelles Erhitzen ist mit einem Fön (eine entsprechende Düse vorausgesetzt) erreichbar und auch durch den Übergang vom Opaken zum Transparenten optisch gut zu erfassen. Eine gerade Fläche oder klare Kanten mit bloßen Fingern herzustellen gelingt jedoch nur schwerlich und das Ergebnis hat immer Wellen und eine kleinkörnige Oberfläche (ähnlich wie matte Klarsichtfolien). Sehr einfach kann man das aber umgehen durch das Aufpressen auf glatte Metallflächen (wie z.B. eine Messerklinge). Dann erhält man wirklich glatte Flächen, wie im obigen Bild an der Vorderkante der Testobjekte zu erkennen ist.
Als Probestück wurde ein hochrückiger Wobbler im Firetigerdecor angefertigt. Verwendet wurde dabei 2 Päckchen Neongrün (insgesamt 10 Gramm), 26 Körnchen Schwarz, 7 Körnchen Neonrot, 1 Draht, 1 Sprengring, 1 Drilling. Die Metallwaren stammen jeweils aus dem ebenfalls von moldalure gelieferten Tacklesatz.
Zuerst wurde der Draht so mit zwei Zangen gebogen, dass zwei Ösen entstehen. das hintere Drahtstück wurde bewusst kleiner gewählt als das vordere, um durch die Gewichtverteilung ein besseres Schwimmverhalten zu erreichen. Das Wasser zum Erhitzen des Materials wurde in einer kleine Pfanne warm gemacht. Das hat den Vorteil, dass man flacher mit einer Gabel oder Löffel eintauchen kann. Ein flacherer Winkel erleichtert die Arbeit deutlich, da dadurch moldalure auf einem großen Servierlöffel angeschmolzen werden kann, ohne dass die Gefahr des Abtropfens besteht.
Das Grün wurde geschmolzen und auf einem (Metall-)Servierlöffel als Dreieck ausgeformt. (Der Löffel wurde nach der Länge des Wobblers gewählt, um hier gute Anhaltspunkte zu haben.) Nach dem Erkalten das Grün zur Seite legen. Dann jeweils 8, 7, 6 und 5 Körnchen Schwarz schmelzen, zu Strängen rollen und als Rauten ausformen. Hierzu gleich an der richtigen Stelle auf dem Servierlöffel arbeiten, um die Länge abpassen zu können und eine glatte Oberfläche zu gewährleisten. Mit den Fingernägeln die schwarzen Stränge in Rautenform modellieren. Danach die grüne Hauptmasse auf die schwarzen Rauten legen und im Löffel auf das heiße Wasser legen, so dass das Ganze miteinander verschmilzt. Den entsprechenden Zeitpunkt abpassen, wo das Material noch formbar ist, aber nicht mehr vom Löffel läuft bzw. anklebt. Dann das Dreieck um den Draht mittig legen, so dass sich der Wobblerkörper formt. Mit ein paar Körnchen Rot lässt sich ein Kehlfleck modellieren und aus überschüssigem Material die Wobblerschaufel formen. Wenn die Oberfläche des Wobblers durch die Fingerabdrücke zu rauh ist, kann man den Wobbler mit einer Zange ins heiße Wasser eintauchen, so dass die Oberfläche anschmilzt. Dann mit der Löffelrückseite glätten.
Wie man erkennen kann, ist es schwierig, klare Farbabgrenzungen zu platzieren, ohne dass diese beim Glätten verlaufen. Hier ist weniger mehr.
Der Drilling wird erst nach Abschluß der Modellierungsarbeiten mittels Sprengring angefügt. Einen Wirbel vorzuschalten ist nicht notwendig, da ein Wobbler nicht rotiert.
Der Lauf des Probestücks ist erstaunlich gut. Allerdings sollte noch ein kleines Bleigewicht im Kiel das Laufverhalten optimieren.
Aufgrund der aktuellen Schonzeit konnte der Köder nicht auf Fängigkeit geprüft werden.
Fazit
Eine Empfehlung für moldalure abzugeben, ist schwierig. Ja, es macht das, was es soll: Man kann damit eigene Kunstköder herstellen. Aber es ist aufwendig, denn man benötigt eine geeignete Hitzequelle und vor allem Zeit und Ruhe. Denn nur mit ruhiger Hand und entsprechendem Geschick sind Kunstköder wie auf dem beiligenden Werbezettel herzustellen. Es ist auch kein Werkstoff, um einfach mal drauf los zu basteln. Man muss eine genaue Vorstellung davon haben, was man erreichen möchte, denn das Zeitfenster der Bearbeitbarkeit ist nicht groß. Wer glaubt, ein Päckchen moldalure als Joker in die Köderbox zu legen, um dann bei Bedarf am Wasser mal schnell einen fängigen Köder zu basteln, der wird kaum zu zufriedenstellenden Ergebnissen kommen.
Gerade bei Kunstködern ist die Form und Oberflächengestaltung entscheidend für das Verhalten unter Wasser. Diese sind aber mit moldalure nur sehr schwierig passend herzustellen. Selbst die Modelle auf dem Werbeflyer schauen eher aus wie Knetgummimännchen, als wie ernstzunehmende Köder. Für den Prototypenbau hingegen kann man damit sehr wohl die eigenen Ideen Form annehmen lassen, bevor man sie zu einem 3D-Designer in Auftrag gibt.
Ein großer Nachteil ist der hohe Preis. Das Vergleichsprodukt Whitemorph aus eigenem Hause kostet nur einen Bruchteil des moldalure Preises, unterscheidet sich nicht davon und kann mit Pigmenten beliebig eingefärbt werden. Wenn man also einen Thermoplast zum Basteln und Herumspielen sucht, ist man mit Whitemorph deutlich besser bedient.